Solitär: Martha von Castelberg in der katholischen Sondergesellschaft

«Ich fühle mich sehr einsam in meinem religiösen Leben. Die Geborgenheit, in die ich geboren wurde, verwundet die Seele, die zur Liebe Gottes strebt, und körperliche Schwäche verstärkt den oft quälenden Zwiespalt, seitdem ich allein blieb in den letzten Jahren.» Martha von Castelberg war 68 Jahre alt und verwitwet, als sie diese Gedanken über Einsamkeit und Zweifel schrieb. Sie formulierte sie in den handschriftlichen Erinnerungen an eine Reise in die Toskana, die sie 1960 in Begleitung des nicht weiter identifizierbaren Geistlichen H.V. unternommen hatte. In Assisi bezog dieser Unterkunft in einem Kloster, nach der er laut von Castelbergs Worten «im franziskanischen Geist Verlangen trug». Sie, die weltliche, wohlhabende und gläubige Frau musste im Hotel logieren. Martha von Castelbergs Streben zur Liebe Gottes ging in ihrem musikalischen Schaffen auf. Neben der Vertonung von deutschsprachigen und rätoromanischen Gedichten komponierte sie hauptsächlich geistliche Musik. Ihre Werke basierten auf Gebeten in lateinischer Sprache, die aus der katholischen Liturgie, der Marien- oder der Herz-Jesu-Verehrung sowie von kirchlichen Feiertagen stammten. Martha von Castelberg hatte sie eingehüllt in «ein modernes, suggestiv wirkendes Klanggewand», wie es die Musikwissenschafterin Sibylle Ehrismann formuliert.

Das Werk der Komponistin blieb während ihrer Lebenszeit wie ein einzeln gefasster Edelstein solitär. Warum es in der kirchenmusikalischen Praxis nur selten aufgegriffen wurde, soll ein Blick in die katholische Sondergesellschaft erklären, die zu Beginn des 21. Jahrhunderts nur noch in Spuren besteht. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts aber bildete sie sich im Zuge des Kulturkampfes in den liberalen Nationalstaaten wie der Schweiz aus und erreichte über den Zeitraum bis nach dem Zweiten Weltkrieg ihren Höhepunkt. Sie war eng an die römisch-katholische Kirche des Papsttums gebunden, an ihre Priester in den Bistümern und lokalen Pfarreien, in Klöstern und Ordensgemeinschaften. Zur Sondergesellschaft gehörten ebenso Vereine, Verbände und Parteien, die für einen hohen Konformitätsdruck sorgten. Die Diskurse um christliche Religion und Sittlichkeit entfalteten ihre Macht überdies in katholischen Bildungsinstitutionen, der Presse, in Zeitschriften und im Verlagswesen. Die Geschlechterordnung im katholischen Milieu war patriarchal. Sie propagierte das Idealbild der katholischen Familie mit dem Mann als ihrem Haupt, der aktiv in Beruf, Kirche und Staat war. Die Frau war ihm zur Seite gestellt als christliche Erzieherin in Familie und Schule sowie als Hüterin der Sittlichkeit und als Wohltäterin in sozialkaritativen Werken. So bestimmten die Familie von Orelli-von Reding Biberegg, in die Martha von Castelberg geboren worden war, und die Familie von Castelberg, in die sie eingeheiratet hatte, massgeblich den sozialen Ort, den sie als Frau aus der Oberschicht und den ihr kompositorisches Werk in der katholischen Sondergesellschaft einnehmen konnte: Dieser Ort bot private Freiheiten für ihr musikalisches Schaffen, doch er grenzte seine Resonanz ein.

Katholische Diaspora in Zürich

Aus der Sicht der katholischen Gebiete galten der reformierte Kanton und die Stadt Zürich als Diaspora, wo sich katholische Leute mit der Industrialisierung ansiedelten. Sie kamen überwiegend aus der Innerschweiz und dem deutsch- und italienischsprachigen Ausland, nach 1950 auch von der Iberischen Halbinsel oder aus dem damals jugoslawischen Kroatien. Überwiegend gelernte Handwerker, ungelernte Arbeiter*innen und Dienstpersonal verliessen ihre Familien, oder mussten sie zurücklassen, suchten Arbeit, Brot oder den Aufbruch in ein neues Leben. Sie siedelten sich in und um die Städte Zürich und Winterthur sowie in den ländlichen Industrieregionen des Kantons an. Ging alles gut, stieg die nächste Generation sozial auf. Der Kanton zählte um 1900 rund 430’000 Einwohner*innen, von denen knapp 19 Prozent katholisch waren; in den 1970er Jahren lebten bereits gut 36 Prozent Katholik*innen unter den rund eine Million Einwohner*innen. Zu den Zugezogenen zählten auch Angehörige der Oberschicht, so die Mutter Martha von Castelbergs, Beatrix von Orelli-von Reding Biberegg (1865–1929). Sie stammte aus einem alten katholischen Schwyzer Landgeschlecht. Ihr Vater war Mitglied des Verwaltungsrates und des Vorstands der 1873 gegründeten Bank in Schwyz. Die junge Frau kam nach Zürich, um Paul Carl Eduard von Orelli (1849–1927), Sohn einer alten protestantischen Zürcher Familie, zu heiraten. Sein Vater war Besitzer der Bank in Zürich, so dass die Kontakte unter Bankiers vermutlich zur Bekanntschaft der Eheleute geführt hatten. Trotz Konversion und katholischer Ehe blieb Eduard von Orelli Mitglied der Familienkorporation und wurde Direktor der elterlichen Bank. Auch der Ehemann der Komponistin, der Jurist Viktor von Castelberg (1890–1957), liess sich in Zürich nieder. Er stammte aus einem katholischen Geschlecht der Surselva in Graubünden. Diese Familien erhielten das Adelsprädikat im Namen durch Vorfahren in königlichen Diensten. Nun übten die Männer als Bankiers, Juristen, Ärzte oder als Kaufleute bürgerliche Berufe aus und zählten, zusammen mit den Geistlichen und der ländlichen Oberschicht, zur Elite der katholischen Sondergesellschaft.

Vereine für jeden Stand

Der 1841 gegründete Schweizerische Studentenverein, die 1889 gegründete katholische Universität Fribourg und ab 1912 die Katholische Volkspartei dienten als Kaderschmieden. Diese und zahlreiche weitere männliche Netzwerke stützten die Autorität der Kirche und forderten von der katholischen Bevölkerung, die Reinheit des Glaubens loyal zu bewahren sowie den Gefährdungen des Industriezeitalters und des modernen Lebens zu widerstehen. Namentlich in der Diaspora sollten sich Katholik*innen der Kirche nicht entfremden. Bereits 1863 wurde die Inländische Mission gegründet, die in Zusammenarbeit mit Geistlichen in den reformierten Kantonen römisch-katholische Pfarreien aufbaute. Ebenso waren Vereine Teil der Strategie, das katholische Milieu in der Diaspora und der Schweiz insgesamt zu stärken. Sie waren eng mit der Pfarrei verknüpft, ein Geistlicher stand ihnen als sogenannter Präses vor, Vorstandsmitglieder führten unter seiner Aufsicht die Vereinsgeschäfte und organisierten die Aktivitäten. Zugewanderte fanden in ihnen erste Kontakte, Katholik*innen eine soziale Verankerung, die sie durchs Leben begleitete.

Ledigen Männern wurde der Beitritt in den Jünglingsverein nahegelegt, Frauen sollten der Jungfrauen- oder Töchterkongregation beitreten. Heirateten sie, wurden sie Mitglied in einem Männer- beziehungsweise einem Frauen- und Mütterverein. Je nach Arbeit und Beruf traten sie zudem einer Standesorganisation wie den Arbeiter- und Gesellenvereinen bei oder der Merkuria für katholische Kaufleute und Beamte. Eigene Vereine bestanden für Dienstboten und Arbeiterinnen, für katholische Bäuerinnen, Lehrerinnen oder Akademikerinnen. Sämtliche Vereine schlossen sich in kantonalen und gesamtschweizerischen Dachorganisationen zusammen, im Schweizerischen Katholischen Volksverein (1905) für Vereine mit männlichen Mitgliedern und im Schweizerischen Katholischen Frauenbund (1912) für jene mit weiblichen Mitgliedern. Die katholische Sondergesellschaft stand nicht nur mit der Schweiz des Freisinns, sondern auch mit der religions- und kirchenkritischen Arbeiterbewegung in Auseinandersetzung. Im Kanton Zürich, wo sich nach dem Ersten Weltkrieg die Versorgungs- und Wohnungsnot der einfachen Leute verschärft hatte, vertraten die Christlichsoziale Partei und die Gewerkschaften des Christlichsozialen Arbeiterbundes (1919 gegründet) die sozialpolitischen Interessen der Arbeitenden katholischer Konfession. Besonders gefragt war Selbsthilfe. Vereine boten etwa Kurse für die persönliche und berufliche Fortbildung an, Zimmer in Wohnheimen sowie Arbeitsvermittlung, Kinderbetreuung und Hauskrankenpflege. Sie ermöglichten den Beitritt zu einer Spar-, Sterbe- und Krankenkasse oder den Einkauf in der Konsumgenossenschaft.

Familien im Dienst der Kirche

Um 1900 bestanden bereits mehrere kirchenrechtlich anerkannte Pfarreien im Gebiet der heutigen Stadt Zürich. Die 1874 geweihte Kirche St. Peter und Paul war im damaligen Arbeitervorort Aussersihl gebaut worden. Dieser Pfarrei gehörte auch die Familie von Orelli-von Reding an, alle sechs Kinder wurden hier getauft. Wo sich die katholische Bevölkerung ansiedelte, entstanden weitere Kirchen, etwa die Herz Jesu Kirche (1893) im durch die Maschinenindustrie geprägten Vorort Oerlikon oder 1894 die Liebfrauenkirche nahe den Hochschulen in Zürich-Unterstrass. Hier wurden Martha von Orelli und Viktor von Castelberg am 18. November 1920 getraut. Zugewanderten Italiener*innen baute die Missione Zurigo in Aussersihl ein Gebäude mit einer Kapelle, wo 1903 die Pfarrei Don Bosco ihren Sitz hatte. Vor Beginn des Zweiten Weltkriegs, als Martha und Viktor von Castelberg-von Orelli bereits seit zehn Jahren in Zürich-Fluntern wohnten, wurde in diesem bürgerlichen Quartier 1939 die Kirche St. Martin geweiht.

Die genannte Inländische Mission und viele kleine Spenden aus den Vereinen finanzierten die Zürcher Kirchenbauten. Ebenso leistete die katholische Oberschicht, die seit Jahrhunderten ihren Glauben, ihre Kirchentreue und die Ehrbarkeit des Familiennamens mit Stiftungen verband, ihren Beitrag. Die Familie von Reding etwa hatte eine Kapelle auf den Ruinen der angeblichen Burg in Biberegg und die Familie von Castelberg einen Altar im Kloster Disentis gestiftet. Dieser Tradition folgend schenkten Martha und Viktor von Castelberg sowie die Mutter Marthas, Beatrix von Orelli-von Reding Biberegg, Altar und Tabernakel der Kirche St. Martin.

Katholische Kontakte

Eduard von Orelli wiederum leistete zusammen mit einer Gruppe Konvertiten, die zuvor der pietistischen Evangelischen Gesellschaft Zürichs angehört hatten, ehrenamtliche Arbeit und Geldspenden fürs katholische Zürich. Diese jungen Männer waren konservative Gegner der liberalen Strömungen in Theologie, Kirche und Politik. Die Heirat mit einer Katholikin, die Faszination für die jahrhundertealten Traditionen und die Hierarchie der römisch-katholischen Kirche motivierten ihren Entscheid zum Konfessionswechsel. Sie pflegten enge Kontakte untereinander und übernahmen in der katholischen Familie von Orelli-von Reding Aufgaben anstelle der reformierten Verwandten. Der Jurist und spätere Leiter des Staatsarchivs, Theodor Usteri (1853–1929), jahrelang im Verwaltungsrat der christlich-sozialen Neuen Zürcher Nachrichten, war Pate der beiden jüngeren von Orelli-Töchter, also auch von Martha. Der Arzt Emil Pestalozzi (1852–1929) war Eduard von Orellis Trauzeuge und Pate der beiden ältesten Töchter. Er hatte in der katholischen Sondergesellschaft verschiedene nationale Präsidentenämter inne. In Zürich engagierte er sich als Mitbegründer und medizinischer Leiter eines katholischen Privatspitals, dem Theodosianum des Ingenbohler Schwesterninstituts. Eduard von Orelli beteiligte sich am Aufbau der Liebfrauenkirche, der Pfarrei Don Bosco und am Bau des neuen Spitals des Theodosianums. 1904 wurde ihm dafür das Ritterkreuz des päpstlichen Gregoriusordens verliehen. Schliesslich zählte zu dieser Gruppe der Jurist und Bezirksrichter Hans Conrad Nüscheler (1856–1887), der früh verstarb, doch Barbara Nüscheler wurde Patin des Stammhalters der von Orellis.

Von Kindheit an hatte sich Martha von Castelberg demnach in katholisch geprägten sozialen Kontakten der Oberschicht bewegt, die weitere Formen des exklusiven gesellschaftlichen Lebens aufbaute. In Zug etwa entstand 1913 die Kolingesellschaft, in Zürich schuf nach dem Ersten Weltkrieg der Jesuitenpriester Paul de Chastonay (1870–1943) den Club Felix für gebildete katholische Männer. Usteri und von Orelli zählten 1919 zu den ersten Mitgliedern. Weitere Männer, die in Martha von Castelbergs Leben eine Rolle spielten, traten ihm bei: Ihr Mann Viktor von Castelberg, sein Verwandter, der Jurist und Tenor Peter Willi, der Lieder der Komponistin mehrfach aufführte, der Architekt und spätere Stadtrat Anton Higi, der die Kirche St. Martin in ihrem Quartier baute, und später ihr Sohn Guido von Castelberg, der sich für Aufführung und Drucklegung der Werke seiner Mutter engagierte. Bei Clubanlässen traf man sich zum zwanglosen Austausch, zu Vorträgen und Diskussionen, zu musikalischen oder anderen gesellschaftlichen Veranstaltungen. Frauen hatte der Club noch bei seinem 50-Jahr-Jubiläum keine aufgenommen. Sie waren zwar gern gesehene Gäste im Clubgeschehen, traten an musikalischen Soireen als Sängerinnen, Violinistinnen oder am Klavier auf. Ein einziges Mal hatte eine Frau, die Missionsärztin Bertha Hardegger, bei einem Clublunch einen Vortrag gehalten; einmal stand eine Komposition Martha von Castelbergs auf dem Programm.

Eingrenzungen katholischer Frauen

Martha von Castelberg war als Tochter aus gutem Hause der Gymnasiums- oder Universitätsbesuch verwehrt geblieben, obwohl dies einige Frauen ihrer Generation bereits erstritten hatten, Bildung ein zentrales Anliegen der Frauenbewegung war und 1923 in Zürich ein Lyceum-Club für kulturschaffende Frauen gegründet wurde. Innerhalb der katholischen Kirche jedoch bestanden nur wenige Tätigkeitsfelder für Frauen. Die Kongregationen wie die Baldegger, die Menzinger und die Ingenbohler Schwestern, um nur einige zu nennen, boten all jenen mittelständischen Frauen eine angesehene Existenz als Schwester in Tracht und Haube, die nicht durch Heirat versorgt werden konnten oder wollten. Sie absolvierten eine Ausbildung und führten ein Leben in Armut, Ehelosigkeit und Gehorsam innerhalb dieser kirchenrechtlichen Gemeinschaften. Dennoch verfügten die Schwestern über selbstständige Handlungsräume, namentlich in der gemeinsam praktizierten Frömmigkeit und bei der Arbeit in Schule, Pflege, Sozialarbeit, Kindergarten oder in den Missionen. Dieser Lebensentwurf war attraktiv; die Ingenbohler Kongregation etwa hatte 1941 mit 9638 Schwestern einen Höchststand erreicht. Dass in den von Kongregationen geleiteten Institutionen keine heile Welt herrschte, zeigen die jüngsten Untersuchungen zu Erziehungsheimen oder zum Missbrauch in der katholischen Kirche. Die Dienste der Schwestern waren auch in den Pfarreien Zürichs allgegenwärtig. In der Pfarrei St. Martin übernahmen sie Pflichten in der Hauspflege und im pfarreigenen Kindergarten.

Die katholischen Vereine unterwiesen die in der Welt stehenden Frauen in Selbsterziehung und -kontrolle und integrierten sie in die Pfarreiöffentlichkeit. In den Jungfrauenkongregationen etwa lernten sie spirituelle Übungen für ihre täglichen Gebete und besuchten gemeinsam religiöse Anlässe. Als Gruppe empfingen sie an hohen Feiertagen die Kommunion, nahmen an der Anbetung des Altarsakraments, am Rosenkranzgebet oder an Fronleichnamsprozessionen teil. Martha von Castelberg muss solche Frömmigkeit als Schülerin am Institut des Dames de Saint-Augustin in Belgien praktiziert haben. In ihrer Biografie aber fehlen bislang Hinweise, dass sie in Zürich einem Verein angehört oder das Ringen der Frauen im katholischen Vereinswesen für mehr Autonomie und das Frauenstimmrecht geteilt hätte. Diese soziale Distanz erwuchs aus den engen Verbindungen, die ihre Familien zu den Klöstern des Benediktinerordens in Einsiedeln und Disentis pflegten. Schon Eduard von Orelli hatte 1882 im Beisein des Einsiedler Abtes Columban Brugger seine Konversion bekannt. Tochter Martha erhielt die Erstkommunion ebenfalls in Einsiedeln und wie ihre Mutter fand auch sie als Erwachsene in diesem Kloster Patres als persönliche Seelsorger.

Karge Resonanz

In der Pfarrei St. Martin fehlte ein vielfältiges Vereinsleben. Die Angestellten der Privathaushalte kamen in Frühmessen und im Martinsheim zusammen. Das gehobene Bürgertum wurde von den Pfarreigeistlichen an Frauennachmittagen beziehungsweise an Herrenabenden zu Gesprächen über Themen der Liturgie, der Katechese oder der Mission eingeladen. An den Gottesdiensten und Begegnungen der Pfarrei partizipierte Martha von Castelberg. Mitunter wurden Werke in Singmessen integriert, hier erfuhr sie nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962–1965) die Einführung der deutschsprachigen Messe und die ökumenische Öffnung.

Für eine privat gebildete und praktizierende Musikerin und Komponistin geistlicher Musik, wie Martha von Castelberg es war, bestand im katholischen Milieu ihrer Zeit keine passende Vereinigung. In Kirchenchören probten zwar Laiensänger*innen regelmässig, sangen und respondierten in Gottesdiensten oder gestalteten, wie die Choralschola der Männer in St. Martin, die festliche Musik eines Hochamts. Über die Rezeption der Chormusik der Komponistin in St. Martin ist wenig bekannt. Gemäss Sybille Ehrismann waren die bislang bekannten katholischen Komponistinnen allesamt Ordensfrauen, die über den Echoraum ihrer katholischen Berufs- und Lebensgemeinschaft verfügten. Martha von Castelberg aber blieb in den weltlichen Rahmen des elterlichen und des eigenen Hausstandes eingebunden. Ihre geistlichen Werke brachten allein private Beziehungen und persönliche Freundschaften in kirchlichen Räumen zum Klingen.

Ein zweiter Blick in die Erinnerungen zeigt, dass Martha von Castelberg sowohl die eingangs zitierten schwermütigen Momente kannte als auch in einem selbstbewussten Verhältnis zur geistlichen Autorität stand. Es blitzte auf, als sie festhielt, wie der Geistliche H. V. während der Zugreise nach Italien es abgelehnt hatte, von ihrem Proviant zu essen, weil er sein schwarzes Brot lieber habe. Feine Ironie floss da durch ihre Feder: «Ich habe nicht gewusst, dass auch das Brot dem Stand angepasst wird, wie übrigens auch das Gepäck, das schwarz ist und, sehr elegant.» Schrieb hier die Dame mit Gespür für Eitelkeiten? Vielleicht. Vielleicht aber auch die Komponistin, deren Werke geistlicher Musik in der katholischen Kirche und Sondergesellschaft von einst zu selten Anerkennung erhalten hatten.

Sabina Roth, lic. phil., ist freiberufliche Historikerin in Zürich. Sie war in verschiedenen Nonprofit-Organisationen – u. a. als Informationsbeauftragte und stellvertretende Zentralsekretärin von Pro Mente Sana – tätig, bevor sie den Weg als freiberufliche Dozentin und Autorin einschlug. Ihre Interessen liegen in der Sozial-, Geschlechter- und Kulturgeschichte der Gesundheit, der Naturheilkunde und der Pflege im 19. und 20. Jahrhundert. Diese Gebiete weisen allesamt vielfältige Bezüge zur Geschichte des katholischen Milieus in der Schweiz auf.

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